Seetang mit septischen Folgen
Eine bis dato gesunde 27-jährige Frau stellt sich in der 14+1 Schwangerschaftswoche mit einem verhaltenem Abort in einer Klinik zur Kürettage vor. Zwei Tage vor dem Eingriff werden der jungen Frau zwei Laminaria-Stäbchen zur Dilatation des Zervikalkanals eingesetzt. Die Folgen sind gravierend.

Die „Laminaria-Tampons“ werden am Folgetag vor der Kürettage wieder entfernt, wobei die getrockneten Braunalgen-Stäbchen in einem ungewöhnlich zerfallenem Zustand sind. Der Eingriff an sich verläuft komplikationslos und die Patientin kann zeitnah entlassen werden.
Nach fünf Tagen Sepsis mit Multiorganbeteiligung
Fünf Tage später wird die junge Frau wieder in der Klinik eingeliefert. Sie befindet sich zu dem Zeitpunkt bereits in einem medizinisch sehr ernsten Zustand: Sie leidet unter Fieber, Unterbauchschmerzen und Hypotonie. Die Untersuchungen ergeben stark erhöhte Entzündungswerte, eine Laktatazidose, eine intravasale Koagulation und eine Hypoxämie, hinzu kommen eine tiefe Beinvenenthrombose rechts sowie eine ischämische Hepatitis, sodass die Behandelnden die Diagnose eines septischen Schocks stellen.
Eine CT offenbart multiple septische Embolie und Blutkulturen sind positiv für Staphylokokkus aureus. Zudem wird in der Sonografie des Unterbauchs eine ausgeprägte Thrombose in der Vena ovarica dextra gesehen, die bis in die Vena cava inferior reicht. Aufgrund der Konstellation vermuten die Behandelnden eine intrauterine Infektionsquelle durch Restgewebe oder Fragmente der Laminaria-Tampons.
Vollständige Destruktion des Endometriums
Trotz sofortiger antibiotischer Therapie mit Piperacillin/Tazobactam und Clindamycin verschlechtert sich der Zustand der Patientin rapide, sodass sich ein interdisziplinäres Team für eine diagnostische Hysteroskopie entscheidet. Intraoperativ zeigt sich eine stark blutende, nekrotische Uterusschleimhaut - eine totale abdominale Hysterektomie mit bilateraler Salpingektomie ist notwendig. Die Histologie bestätigt die nahezu vollständige Destruktion des Endometriums mit Granulationsgewebe, fibrinoleukozytären Exsudaten, Mikroabszessen und entzündlicher Mitbeteiligung des Myometriums.
Nach der Operation scheint es erst aufwärtszugehen, doch dann erfordert eine diffuse alveoläre Hämorrhagie eine erneute Inkubation am vierten postoperativen Tag. Die Bakteriämie bleibt noch weitere zwei Wochen bestehen und mündet schließlich in einer infektiösen Endokarditis. Erst nach insgesamt 26 Tagen kann die Patientin in gebessertem Zustand entlassen werden.
Laminaria - Gepresste Braunalgen aus dem Meer
Laminaria sind getrocknete Meeresalgen, die hygroskopisch wirken. Sie werden zur Dehnung des Zervikallkanals in diesen eingeführt - durch das Aufquellen weiten sie die Zervix, sodass intrauterine Eingriffe durchgeführt werden können. In der klinischen Praxis in Deutschland werden an Stelle von Laminaria meist pharmakologische Methoden wie Misoprostol oder Mifepriston zur Zervixreifung eingesetzt, doch auch osmotische Dilatatoren werden von der WHO empfohlen. In den USA werden Laminara häufiger verwendet. Die American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG) empfiehlt osmotische Dilatatoren (Laminaria oder Dilapan-S) als sichere und effektive Methode zur Zervixvorbereitung vor D&E (Dilation and Evacuation) .
Fazit: Strenge Indikationsstellung und engmaschige Nachsorge
Dieser Fall illustriert, dass Laminaria-Tampons in seltenen Fällen schwerwiegende septische Komplikationen verursachen können. Entscheidend sind eine strenge Indikationsstellung, konsequente aseptische Technik sowie eine individualisierte Entscheidung über eine Antibiotikaprophylaxe, insbesondere bei Risikokonstellationen wie Eingriffen im zweiten Trimenon oder vorbestehenden Infektionen. Zudem ist eine engmaschige klinische Nachsorge unverzichtbar, da auch vermeintlich unkomplizierte Eingriffe fulminante septische Verläufe nach sich ziehen können.
Originalpublikation:
Ferreira, A., Mongrain, V. & Mardini, L. Laminaria tent use for dilation, extraction, and curettage leading to septic shock: a case report. J Med Case Reports 19, 419 (2025).
https://doi.org/10.1186/s13256-025-05238-7
Zusätzliche Literatur:
Handbuch für die klinische Praxis zum sicheren Schwangerschaftsabbruch, WHO, 2014