Neuer Höchststand bei Syphilis-Infektionen
Die durch Treponema pallidum ausgelöste Infektionskrankheit verzeichnete im Jahr 2024 mit 9519 Syphilis-Fällen in Deutschland einen neuen Höchststand: Das sind 360 Fälle mehr als im Jahr 2023. So berichtet das Robert-Koch-Institut in der aktuellen Ausgabe des Epidemiologisches Bulletin und fordert mehr Prävention und Screeningmaßnahmen.

Syphilis ist eine Infektionskrankheit, die durch Treponema pallidum ausgelöst wird und nur beim Menschen vorkommt. Sie wird sexuell, durch Blut oder intrauterin übertragen und verläuft ohne Behandlung in drei Stadien:
- Primäraffekt: Schmerzloses Geschwür an der Eintrittsstelle, das sich wenige Tage bis Wochen nach der Infektion bildet.
- Sekundärstadium mit Allgemeinsymptomen und Hauterscheinungen.
- Tertiärstadium mit Schädigung des zentralen Nervensystems und des vaskulären Systems. Dieses Stadium kann Jahre nach der Infektion auftreten.
Personen sind im Primär- und Sekundärstadium sowie in der Frühlatenz – das ist die symptomfreie Zeit von etwa einem Jahr nach der Infektion – infektiös.
Anstieg um 360 Fälle – geografische Unterschiede
Bundesweit lag die Syphilisinzidenz im Jahr 2024 mit 11,2 Fällen/100.000 Einwohnern über der Inzidenz des Vorjahres (10,7) und auch über dem Median der fünf Vorjahre (9,5).
Geografisch sind große Unterschiede zu beobachten: Die höchsten Inzidenzen finden sich in Berlin mit 35,7 Fällen pro 100.000 Einwohnern und Hamburg mit 30,3 Fällen pro 100.000 Einwohnern. Bremen liegt mit 14/100.000 ebenfalls höher als der Bundesdurchschnitt. Die niedrigsten Werte finden sich in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg.
Hohe Inzidenzen verzeichneten auch folgende Städte: Trier (45,2), Köln (44,1), Frankfurt/M (39,1), Leipzig (28,2) und Nürnberg (26,8). Relative Anstiege über 50 Prozent zwischen 2023 und 2024 wurden aus Trier (290 Prozent), Oberhausen (116 Prozent), Karlsruhe (93,9 Prozent) und einigen anderen Städten gemeldet.
Insgesamt handelt es sich dem RKI zufolge um eine geografisch auf Ballungsräume konzentrierte Epidemie, aber auch ländliche Gebiete sind betroffen.
Frauen deutlich seltener betroffen
Infektionen betreffen vor allem Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) (82 Prozent). Der Anteil an heterosexuellen Übertragungen stieg im Vergleich zum Vorjahr an (17,9 Prozent). Konnatale Infektionen wurden in 0,1 Prozent der Fälle gemeldet. ´
Generell sind Frauen deutlich weniger betroffen: 7,6 Prozent der gemeldeten Fälle sind bei Frauen aufgetreten, doch auch hier sieht man einen Anstieg im Vergleich zum Vorjahr (6,7 Prozent). Insgesamt liegt die Inzidenz bei Männern um das 12-fache höher als bei Frauen. Im Jahr 2023 waren 17 Syphilis-Fälle bei Personen mit der Geschlechtsangabe divers, im Jahr 2024 waren dies 35 Fälle.
Das Alter der Patientinnen und Patienten lag im Median bei 41 Jahren (Spanne 0 bis 88 Jahre). Das Herkunftsland der Betroffenen war bei 75,6 Prozent Deutschland, bei 1,6 Prozent die Türkei und zu je 1,5 Prozent Brasilien und Italien.
Syphilis wird bei MSM früher diagnostiziert
Bei 25,1 Prozent aller Fälle wurde die Erkrankung im Primärstadium gewedelt, bei 17,1 Prozent der Fälle im Sekundär- und bei 1,5 Prozent im Tertiärstadium. In 24 Prozent wurde die Infektion im Stadium der Frühlatenz ausgemacht, bei 27,5 Prozent der Fälle war das Stadium unbekannt.
Ein erheblicher Unterschied besteht im Zeitpunkt der Diagnostik bei MSM mit oder ohne Konfektion mit HIV: Bei ihnen wurde die Erkrankung bereits in den ersten zwei Monaten nach der Infektion gestellt, wohingegen heterosexuelle Männer und insbesondere Frauen seltener in diesen Frühstadien diagnostiziert werden.
Hohe Relevanz für öffentliche Gesundheit
Die Erkrankung hat einen hohen Stellenwert in der öffentlichen Gesundheit, da sie unbehandelt Organschäden verursachen oder bei konnataler Übertragung schwere Folgen für das Kind haben kann. Die Infektion lässt sich grundsätzlich einfach antibiotisch behandeln. Das RKI empfiehlt zielgruppenspezifische Präventionsansätze für Menschen mit erhöhtem Infektionsrisiko sowie Screeningangebote, um die Diagnose schneller zu stellen und Folgeschäden zu verhindern. Auch in der Urologie und Gynäkologie brauche es abseits von Zentren, die auf sexuell übertragbare Erkrankungen spezialisiert sind, vermehrt Aufklärung von heterosexuellen Menschen.
Darüber hinaus werde aktuell intensiv der Einsatz einer „Doxy-PEP“ diskutiert - also einer Postexpositionsprophylaxe mit Doxycyclin –, die gegen Syphilis oder Chlamydien nach einem Risikokontakt verwendet werden könnte. Erste Studiendaten einer kleinen Studie zeigen einen produktiven Effekt - bedacht werden müsse hierbei natürlich das individuelle Risiko sowie die Entwicklung von Resistenzen.