Viele Schadstoffe in „sicheren" Pflegeprodukten
Forschende aus Gießen konnten mit einer neuen Analysemethode viele Schadstoffe in Pflegeprodukten - darunter auch Wundsalben für Säuglinge - ausmachen, die bislang nicht erfasst worden waren. Die Produkte seien nicht so sicher, wie von Interessengruppen behauptet wird, sagt die Autorin der Studie.
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Schadstoffe wurden auch in Pflegeprodukten, z.B. Wundsalben, für Säuglinge gefunden. Welchen Effekt auf den Menschen die Substanzen haben, muss aber noch erforscht werden (Symbolbild).
Die neu entwickelte Analysemethode ermöglicht es, unbekannte Schadstoffe zu entdecken und simultan die Wirkung auf Zellen zu untersuchen. Solche bisher unbekannten Schadstoffe können Inhaltsstoffe, Verunreinigungen und Abbauprodukte sein. Die Forschenden fanden mutagene, zytotoxische, antibakterielle, neurologische und den Hormonhaushalt beeinflussende Substanzen.
Erstmals sehe man sehr aussagekräftig, wie viele Schadstoffe in Alltagsprodukten enthalten seien, erklärt Prod. Gertrud Morlock von der Justus-Liebig-Universität Gießen. Sie fügt hinzu: „Mit den bisherigen Analysemethoden übersieht man Stoffe, die außerhalb des Fokus liegen, aber dennoch eine Schadwirkung haben. Oder man erfasst die gesamte Stoffgruppe, die jedoch mehr oder weniger schädlich sein kann. Die neue Methodik ist aussagekräftiger und verbessert unser Verständnis über solch komplexe Produkte.“
Veröffentlicht wurden die Ergebnisse im Journal of Chromatography A.
Schadstoffe in fast allen untersuchten Produkten
Die Forschenden fanden in den meisten untersuchten Produkten - Lippenstifte, Pflegecremes, Wundsalben für Säuglinge und Brustwarzencremes - erhebliche Mengen an Schadstoffen, für die es keine Regularien gibt. Welchen Effekt auf den Menschen die Stoffe genau haben, das steht noch nicht fest. Womöglich wirken sie über das Hautmikrobiom, über die Aufnahme über Wunden oder Mikrorisse der Haut. Zudem könnten sie einen schädlichen Einfluss auf die Umwelt haben, wenn sie von der Haut wieder abgewaschen werden. Genotoxische Effekte traten bereits bei sehr geringen Dosen auf, deutlich unterhalb der üblichen Anwendungsmenge. Gleichzeitig führe eine simulierte Metabolisierung über Leberenzyme nicht zur Entgiftung.
Die neue Methode bietet auch Chancen: Durch sie können Schadstoffe in den Produkten minimiert werden. Durch die kombinierte Probenauftrennung und Effekterkennung identifiziere man die Substanzen und ihre Abstammung. Künftig könne man sie folglich vermeiden.
Produkte ohne Mineralöl schneiden besser ab
Es gibt aber auch einen Lichtblick: „Unsere Studien zeigen auch, dass es vereinzelt Produkte gibt, die schon heute besser abschneiden“, erklärt Morlock. „So enthielten Produkte, die als frei von Mineralölrückständen gekennzeichnet waren, vergleichsweise weniger erbgutverändernde und mutagene Mineralölrückstände.“
Es sei dringend nötig, zu handeln, fordert die Wissenschaftlerin. Denn schließlich verwenden viele Menschen täglich mehrfach Pflegeprodukte. Sie schlägt ein Minimierungskonzept vor: Schadstoffe sollten in Zukunft kontinuierlich reduziert werden, um mittelfristig sowohl die Verbraucherinnen und Verbraucher als auch die Umwelt zu schonen.
Originalpublikation:
Gertrud E. Morlock, Luisa Zoller, Fast unmasking toxicity of safe personal care products,
Journal of Chromatography A, Volume 1752,2025, 465886, ISSN 0021-9673,
https://doi.org/10.1016/j.chroma.2025.465886.